Bremen - 25.5.2022
Brain und Locke live auf Sendung
Hans Hermann und Inga Lassner senden aus ihrer Bremer Wohnung
Hans Hermann Lassner alias Locke in seinem Hörfunkstudio. © WFB/Jörg Sarbach
Mehr als 900 Ausgaben ihres Local Radios haben Inga und Hans Hermann Lassner in den vergangenen 18 Jahren schon auf Sendung gebracht.
Mit Raritäten und seltenen Long Versions aus Metal, Rock und anderen Musikrichtungen haben sich „Brain“ und „Locke“ eine treue Hörerschaft
erschlossen. „Local Radio, ein geiler Sound. Du fühlst dich wohl, auf 92,5.“ Es ist 11.15 Uhr, als an diesem Dienstag einmal mehr der Jingle über
den Sender geht, der vielen Musikfans mit den Jahren ans Herz gewachsen ist. Hans Hermann Lassner (63), im Freundeskreis wegen seiner früher
noch deutlich krauseren Haarpracht nur als „Locke“ bekannt, kündigt im Studio den nächsten Song an. Unterdessen erklärt seine Frau
Inga Lassner (69), Spitzname „Brain“, im Wohnzimmer direkt nebenan bei laufendem Radio: „Von hier geht seine Stimme zum Sendeabwicklungs-
Computer von Radio Weser.TV in der Innenstadt, von da zum Funkturm, und von dortdann in die Radios. Das dauert genau sieben Sekunden.
Wenn Locke sich beeilt, kann er seine eigene Ansage noch hören.“ Und wie auf Kommando steht der 63-Jährige plötzlich im Türrahmen. „Hat geklappt“,
sagt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Ein Leben für die Musik
Im April 2004 sendete der 63-Jährige beim Bürgerrundfunk Radio Weser.TV zum ersten Mal seine Radiosendung Local Radio, damals noch aus einem
Bunker in Bremen-Findorff.Kurz zuvor hatte er für einen befreundeten Musiker als Kameramann ausgeholfen und war nach dessen Auftritt auf seine
angenehme „Radiostimme“ angesprochen worden. So entstand die Idee, eine eigene Musiksendung mit großer Genrevielfalt zu starten – ohne Werbung,
ohne Mainstream und ohne kommerzielle Hintergedanken. „Musik ist mein Leben“, macht Hans Hermann Lassner deutlich, „ich habe schon in den
70er-Jahren angefangen zu sammeln.“ Während er das sagt, läuft im Radio der Song, den er gerade aufgelegt hat. Wobei aufgelegt eigentlich nicht
mehr das richtige Wort ist: Von seinen alten Schallplatten und Kassetten hat er sich schon vor einer ganzen Weile getrennt, nachdem er die Musik
digital archiviert hatte. Und auch der Großteil seiner CD-Sammlung ist längst digitalisiert und lässt sich nun per Mausklick abspielen.
Hans Hermann und Inga Lassner sind unübersehbar Heavy Metal-Fans. © WFB/Jörg Sarbach
Zwei Herzen für Heavy MetalIn den Anfangsjahren hatte er noch jedes Mal zwei Koffer mit Tonträgern zur Sendung in den Bunker geschleppt. Irgendwann richtete er sich dann
zu Hause sein eigenes Studio ein.Auf neun Quadratmetern findet sich jetzt in der Dreizimmerwohnung des Paares in der Bremer Neustadt alles, was
es für den Sendebetrieb braucht. Die wichtigsten Utensilien: Mischpult, Soundkarte, Computer und Mikrofon. Und auch der Rest der Wohnung lässt
keinen Zweifel daran, dass hier zwei absolut Musikbegeisterte leben, deren Herz für Heavy Metal im Allgemeinen und für das Wacken Open Air Festival
im Speziellen schlägt. Ob das Schlüsselbrett in Form eines Gitarrenverstärkers im Flur, die Kissen, Fußabtreter und Wärmflaschen mit Wacken-Symbol
oder die zahlreichen Veranstaltungsplakate und Fotos:In jedem Winkel und auf jedem Quadratzentimeter gibt es in der Wohnung Anspielungen
auf die große Leidenschaft der beiden zu entdecken.
Von „Hurz“ zur großen LiebeInga Lassner ist seit 2005 mit an Bord. Damals war sie auf der Suche nach einer Aufnahme des Hape-Kerkeling-Klassikers „Hurz“. Eine Freundin gab
ihr den Tipp, sich an Locke mit seinem großen Musikarchiv zu wenden. „Nach zwei oder drei Treffen hat es Zoom gemacht“, erzählt sie. Und fügt mit
einem Lächeln hinzu: „Wir sind eine späte Liebe.“ Anfangs habe sie „Local Radio“ nicht jedes Mal gehört: „Aber dann hat er mich da so mit reingezogen,
und jetzt kann ich es mir gar nicht mehr anders vorstellen.“ Die 69-Jährige begann damit, den PC von Locke aufzuräumen und sich um die Website von
Local Radio zu kümmern. Inzwischen erledigt sie den kompletten Schreibkram – von der Kommunikation mit den regelmäßig anwesenden Interviewgästen
bis zur Organisation von Konzerten,die die beiden ebenfalls veranstalten. So „verdiente“ sie sich ihren Spitznamen, der sich auch an der Tür ihres Zimmers
findet:„Brain Central“ steht dort in großen schwarzen Buchstaben.
Musik, Interviews und KonzerteManchmal sitzt „Brain“ Lassner auch selbst am Mikrofon, zum Beispiel als Interviewerin der schon 250 unterschiedlichen Studiogäste oder beim jährlichen
Wacken-Spezial als „Informationstante“, wie sie über sich selbst sagt. Ihr persönliches Highlight ist der Besuch von Wacken-Veranstalter Thomas Jensen
2017 der nach dem Interview sagte: „Ihr habt hier ja mehr Wacken als wir.“ Auf Sendung ist Local Radio jeden Dienstag von 8 bis 12 Uhr, jedes Mal mit
einem bestimmten Motto. „Wenn Heavy Metal das Motto ist, geht Locke die Vorbereitung schnell von der Hand“, berichtet Inga Lassner. „Aber bei
Smooth Jazz oder anderen Themen kann das auch schon mal ein ganzes Wochenende dauern. “Ebenfalls beliebt bei den vielen Fans: die „Rocknight“,
die immer am ersten Samstag im Monat von 19 bis 24 Uhr läuft.Darüber hinaus organisieren sie und ihr Mann unter anderem die Konzertreihe
Rocking Safari sowie das jährliche Bremer Metal Festival im Blues Club Meisenfrei, wo auch junge Bands die Gelegenheit erhalten, sich auf der
Bühne zu präsentieren. Und das alles machen die beiden, die mittlerweile in Rente sind und ihre gesamte Zeit ihren Projekten widmen können,
komplett ehrenamtlich. „Unser Budget ist unser Haushaltsgeld“, sagt Inga Lassner.
Locke in seinem neun Quadratmeter großen Studio. © WFB/Sarbach
Die treusten Fans kommen aus BremenHans Hermann Lassner ist zurück im Wohnzimmer, die heutige Sendung hat er gerade beendet. Er wirkt komplett entspannt. „Am Anfang war es
noch stressig, zu sprechen und gleichzeitig die Technik zu bedienen“, erzählt er. „Aber jetzt macht mich nichts mehr nervös.“ Was ihm besonders
wichtig ist: „Alles, was wir tun, machen wir von Herzen.“ Das kommt auch beim Publikum an. Die Bremer an sich seien ja eher hanseatisch
zurückhaltend, meint Inga Lassner: „Aber wenn sie einmal begeistert sind, sind sie auch voll dabei. Die treusten Fans haben wir hier in Bremen."
Übers Internet ist ihre Sendung schließlich überall zu hören. Irgendwann könnte es für die beiden vielleicht doch ein Thema werden, ins
„Rentner-Paradies Wacken“ umzuziehen,wie sie sagen. Momentan ist das aber noch in weiter Ferne. „Ich will so lange senden, wie es
irgendwie geht“, macht „Locke“ Lassner deutlich. „Und diese Möglichkeit gibt es nur hier in Bremen.“
Pressedienst: Anne-Katrin Wehrmann
Fotograf: WFB/Sarbach
Special Thanks: Luisa Wenzel -klangfrisch 2022-